OFFENER BRIEF                                                                                             vom 05.06.2020
Sehr geehrte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Jugendamtes Hameln-Pyrmont,
sexueller Missbrauch von Kindern ist wohl eines der schwersten Verbrechen, das Menschen überhaupt angetan werden kann.
Wir wissen, wovon wir sprechen. 
Wir sind Menschen, die sich nach den schrecklichen Geschehnissen vom „Lügder Campingplatz“ in einer Selbsthilfegruppe zusammengefunden haben, weil auch wir solch grausame Erfahrungen durchleiden mussten. Die Auswirkungen sind sehr individuell, aber durchweg schwerwiegend.
So schreibt Eine von uns: „Es fällt mir heute noch schwer, gut zu mir zu sein. Mich zu akzeptieren wie ich bin. Ich habe das Gefühl, alles perfekt machen zu müssen. Keine Fehler zuzulassen. Angst zu Vertrauen, Gefühle zu zeigen. Nicht verdient haben, glücklich zu sein, nicht zu genügen. Beziehungen funktionieren nicht…“ Eine weitere Stimme: „Die Auswirkung aus den traumatischen Erlebnissen ist Seelenmord. Ich trage diese erlebten Straftaten, genau wie meine Suchterkrankung mit mir herum. Heute der Kampf, da ich in die Altersarmut komme. Ich hatte lange Fehlzeiten. Ich lebe nur mit starker Medikation. Vor 43 Jahren hat auch bei mir das Jugendamt weggeschaut. Wir sind reale Menschen, nicht irgendwelche Menschen in der Statistik…“.
Viele Betroffene haben lebenslang Schwierigkeiten mit Süchten, mit Selbstverletzungen, können nicht arbeiten, haben große psychische Probleme, sind immer wieder in Therapie. Die Folgeschäden sind immens, sowohl für die Opfer als auch für deren Umfeld.
Was jedem Einzelnen dieser Kinder, dort auf dem Campingplatz angetan wurde, ist grausam – und besonders furchtbar daran ist, dass viele Vergewaltigungen hätten verhindert werden können, wenn an den entscheidenden Stellen verantwortungsvoll und für das „Wohl des Kindes“ gehandelt worden wäre.
Das dies nicht geschah, ist an sich schon eine Katastrophe!
Aber dass jetzt Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die direkt mit dem „Fall Lügde“ zu tun hatten, die Aussagen vor dem Untersuchungsausschuss verweigern, ist fast nicht erträglich!
Damit schlagen Sie uns Betroffene, den Angehörigen und vor allem den „Kindern von Lügde“ noch einmal bildlich gesprochen „ins Gesicht“.
Unser ehemaliger Landrat Tjark Bartels hatte angekündigt für eine lückenlose und vorbehaltlose Aufklärung der Vorgänge zu sorgen, das schließt ein, das auch Sie als Mitarbeiter/innen ihren Teil dazu beitragen. Wir appellieren eindringlich an Sie, Ihr persönliches Schutzbedürfnis zurückzustellen und alles, aber auch wirklich alles dafür tun, dass dieses Verbrechen an Kindern aufgeklärt wird und die Arbeit in Ihrem Jugendamt vollkommen neu ausgerichtet werden kann, damit so etwas NIE wieder passiert.
Wir möchten Sie darum bitten, Fehler die gemacht wurden zuzugeben und einzugestehen. Tragen Sie auch bitte die Folgen davon. Die Opfer müssen das auch. 
Wir wünschen uns professionelle, liebevolle, ehrenhafte Mitarbeiter/innen in einem funktionierenden, gut aufgestellten Jugendamt in Hameln-Pyrmont. Ein Jugendamt, dem wir vertrauen können, das unsere Kinder und Jugendlichen schützt und ihnen zum Wohl arbeitet.
Wir würden Ihnen gern wieder vertrauen können. Bitte fangen Sie an.
Mit freundlichen Grüßen
Mitglieder aus der Selbsthilfegruppe für Betroffene von sexuellem Missbrauch in der Kindheit, Hameln
(auf Nachfrage stehen wir gern mit unseren persönlichen Namen dahinter)
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Unser Brief vom 15. März 2020 an die Landesregierung in Niedersachsen:
Kinder in einigen Familien aufgrund der Kita- und Schulschließungen gefährdet
Sehr geehrte Damen und Herren,
die niedersächsischen Schulen und Kitas schließen ab dem 16.3.2020 bis mindestens zum Ende der regulären Osterferien. Dieser Schritt ist aufgrund der durch das Corona-Virus entstandenen Pandemie sicherlich ein wichtiger und richtiger Schritt zu dem es keine Alternative gibt.
Wir möchten Sie auf ein Problem, das durch diese Schließungen entsteht, aufmerksam machen. Wir bitten Sie eindringlich, hieraus Entscheidungen und Handlungen abzuleiten.
Für einige Familien und vor allem für einige Kinder wird diese Zeit eine große Belastung und Gefahr. Wir denken an Familien, die sich in prekären Krisensituationen befinden, denen bestimmte Resilienzen und Ressourcen fehlen. Derzeit scheint es nicht unwahrscheinlich, dass weitere Einschränkungen der Bewegungsmöglichkeiten im privaten Raum angeordnet werden, die dieses Problem noch verstärken werden. Es ist daher davon auszugehen, dass es im von Kita- und Schulschließungen betroffenen Zeitraum zu vermehrten Fällen von Kindeswohlgefährdungen wie Misshandlungen, Missbräuchen und Vernachlässigungen in den angesprochenen Familien kommen kann.
Für Arbeitnehmer, für die eine Kinderbetreuung in den nächsten Wochen problematisch wird, entstehen derzeit eine Reihe von „Notbetreuungsmöglichkeiten“. Analog dazu bitten wir Sie darauf hinzuarbeiten, auch für gefährdete Kinder in prekären familiären Verhältnissen solche Möglichkeiten zu schaffen. Bitte beziehen Sie das Wissen der Kindertagesstätten, Schulen und natürlich auch der Jugendämter dabei mit ein, um den Blick dafür zu schaffen, welche Kinder von einer solchen Gefährdung betroffen sein könnten. Es muss ein niedrigschwelliges Angebot für diese Kinder sein, das geeignet ist, den entstehenden Druck in betroffenen Familien zu reduzieren.
Uns ist bewusst, dass unser Vorschlag in den Bereich der Kinder- und Jugendhilfe fällt, die den örtlichen Trägern obliegt. Dennoch können Sie aus Ihrer Stellung in der Landespolitik Einfluss auf die örtlichen Träger ausüben und bei der Umsetzung von solchen Maßnahmen eine wesentliche Rolle spielen.
Bitte setzen Sie sich mit Kraft dafür ein, dass der hier notwendige Schutz für diese Kinder gewährleistet werden kann.
Mit freundlichen Grüßen
Ina und Andreas Tolksdorf
Initiativgruppe „für die Kinder von Lügde“….
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Aus der Niedersächsischen Landespolitik (22-Punkte-Plan):
Antrag
Hannover, den 21.01.2020
Fraktion der SPD Fraktion der CDU
Gewalt gegen Kinder: Kinderschutz weiterentwickeln - Beratung stärken!
Der Landtag wolle beschließen:
Entschließung: Der Kinderschutz steht in Deutschland derzeit vor großen Herausforderungen. Zahlreiche Fälle von gravierender sexueller Gewalt gegen Kinder haben aktuell in Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen die Gesellschaft und die Politik gleichermaßen entsetzt. Die Jugendämter sehen sich vor riesigen Problemen bei der Bewältigung dieser Fälle und müssen häufig intensiv mit Ermittlungs-  und Strafverfolgungsbehörden auch in anderen Bundesländern zusammenarbeiten. Im Mai 2019 gab es dann massive Misshandlungsvorwürfe im Zusammenhang mit sogenannten intensivpädagogischen  Einzelmaßnahmen  im  Ausland.  Wie  schon  im  Jahr  2009  ging  es  dabei  erneut  um den rumänischen Jugendhilfeträger Maramures. Als Reaktion auf frühere Fälle von Kindesmisshandlungen wurde in allen Bundesländern das sogenannte  verbindliche  Einladungsverfahren  zu  Kindervorsorgeuntersuchungen  eingeführt.  In  Niedersachsen  gibt  es  zwischenzeitlich  vier  Kinderschutzzentren  und  eine  Kinderschutzambulanz.  Landesweit arbeiten 21 Beratungsstellen im Bereich von Gewalt gegen Kinder und 43 Beratungsstellen für  Mädchen  und  Frauen  gegen  sexuelle  Gewalt.  Neben  dem  Bund  sind  Bayern  und  Niedersach-sen  die  beiden  einzigen  Bundesländer  mit  einer  Kinder-   und  Jugendkommission.  Die  Kinder-   und Jugendkommission des Landes Niedersachsen hat sich des Themas Kinderschutz ebenfalls angenommen. Vor  dem  Hintergrund  mehrerer  Missbrauchsskandale  ist  zusätzlich  der  Landespräventionsrat  von  der Landesregierung gebeten worden, eine Arbeitsgruppe zur Aufklärung und zur strukturellen Analyse der Jugendhilfe einzusetzen. In Anerkennung der bisher geleisteten Arbeit und der Bemühungen  von  insbesondere  MI,  MJ  (LPR),  MS  und  MK  (Anlaufstelle)  soll  überprüft  werden,  wie  die  Strukturen des Kinderschutzes weiter verbessert werden könnten. Aufgrund der Ratifizierung der UN-Kinderrechtskonvention durch die Bundesregierung und vor dem Hintergrund des Bundeskinderschutzgesetzes besteht die gemeinsame Herausforderung darin, den Kinderschutz  konsequent  aus  Sicht  der  Kinder  zu  denken.  Unter  dieser  Prämisse  ist  das  Kinder- und  Jugendhilfesystem  in  Niedersachsen  hinsichtlich  Organisation  und  Wirkung  grundsätzlich  zu  überprüfen und entsprechend neu auszurichten. Niedersachsen muss das Ziel haben, einen nachhaltigen  Qualitätsstandard  im  Kinderschutz  zu  entwickeln  und  folgend  zu  etablieren.  Die  Zusammenarbeit  und  Kooperation  von  Kindergärten,  Schulen,  Gesundheitswesen  sowie  Ermittlungsbehörden  soll  so  gestaltet  werden,  dass  der  Schutzauftrag  zum  Wohle  der  Kinder  lückenlos  erfüllt  wird. Die  Verpflichtung  zur  Kooperation  und  Information  muss  beim  Kinderschutz  auch  außerhalb  des  SGB VIII gesetzlich verankert werden. Vor diesem Hintergrund bittet der Landtag die Landesregierung,
1. eine kritische Analyse der Schnittstellen vorzunehmen und dabei auch zu prüfen, wie die unterschiedlichen Zuständigkeiten für alle Kinder und Jugendlichen von 0 bis 18 Jahren optimiert werden können und eine verpflichtende Zusammenarbeit geregelt werden kann,
2. zusammen mit den freien Trägern der Jugendhilfe, den kommunalen Spitzenverbänden, dem Landesjugendamt  und  dem  Landesjugendhilfeausschuss  ein  integratives  Gesamtkonzept  für  die  künftige  Kinder-   und  Jugendhilfe  zu  entwickeln  und  dabei  insbesondere  Schutzkonzepte  gegen sexuellen Kindesmissbrauch in Kindertagesstätten, Schulen, Vereinen und Verbänden, 
Niedersächsischer Landtag – 18. WahlperiodeDrucksache 18/56402 die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, sowie in Einrichtungen der Flüchtlingshilfe und der Behindertenhilfe zu etablieren,
3. das vielfältige, aber auch derzeit unübersichtliche Angebot von Anlauf-  und Beratungsstellen im Land systematisch zu bündeln und bekannt zu machen, damit für die Hilfesuchenden eine niederschwellige Inanspruchnahme ermöglicht wird, 
4. eine  gemeinsame  Website www.kinderschutz-niedersachsen.de zum  Kinderschutz  weiter  auszubauen, analog zu dem bereits existierenden Opferhilfeatlas,
5. die  Aufgabenstellung  der  bisherigen  vier  niedersächsischen  Kinderschutzzentren  bekannter  zu  machen,  deren  Beratungsfunktion  auszubauen  und  dabei  die  ländlichen  Gebiete  mit  einzubeziehen,
6. den   flächendeckenden   Ausbau   von   Kinderschutzzentren   durch   Ergänzungen   im   Raum   Braunschweig und Südniedersachsen abzuschließen,
7. Kinderschutz und Kindeswohl zum festen Bestandteil der aufeinander abzustimmenden Curricula in Ausbildung und Studium von Erzieherinnen/Erziehern, Lehrkräften und Sozialpädagoginnen/Sozialpädagogen sowie der Gesundheitsberufe zu machen
8. eine  regelmäßige  Kommunikation  zu  allen  wesentlichen  Kinderschutzthemen  zwischen  den  Bundesländern zu etablieren,
9. einen Niedersachsenstandard in der Jugendhilfe zu entwickeln, der unabhängig vom Wohnort des  Kindes  gleichwertige  Kinderschutzbedingungen  garantiert.  Dabei  sind  die  Themen  der  UN-Kinderrechtskonvention zu berücksichtigen: Recht auf Beteiligung, Recht auf Gesundheit, Recht  auf  angemessenen  Lebensstandard,  Recht  auf  Bildung  und  das  Recht  auf  Ruhe  und  Freizeit,  Spiel  und  aktive  Erholung  unter  Nutzung  eines  indikatorengestützten  Monitorings  in  der Jugendhilfe. Hierzu sind die verantwortlichen Ressorts, die Akteure der Jugendhilfe sowie externe Expertinnen und Experten aus Fachwissenschaft und Praxis entsprechend einzubinden,
10.   eine  Vereinheitlichung  von  Prozessen  und  Abläufen  zwischen  den  Jugendämtern  auch  länderübergreifend  anzustreben  und  dabei  die  Empfehlungen  der  Arbeitsgemeinschaft  der  Jugendämter (AGJÄ) konsequent einzubeziehen,
11.   gemeinsam  mit  der  AGJÄ  Handlungsvorschläge  zur  Durchsetzung  von  Mitwirkungspflichten  anzustreben,
12.   das Thema Partizipation von Kindern und Jugendlichen immer wieder im Rahmen eines Qualitätsdialoges zwischen den Trägern der Kinder-  und Jugendhilfe aufzugreifen,
13.   das Landesprogramm zur Qualitätsentwicklung in der Kinder-  und Jugendhilfe für die Jugendämter fortzuführen,
14.   sich  auf  der  Bundesebene  für  eine  Änderung  des  SGB VIII  einzusetzen,  die  die  Schaffung  einheitlicher  Standards  bei  Dokumentations-  und  Informationspflichten,  insbesondere  auch  zum Austausch zwischen den Bundesländern vorsieht und die anlassbezogenen Kontrollmöglichkeiten in Einrichtungen der Jugendhilfe ermöglicht bzw. optimiert,
15.   eine Fach- und Rechtsaufsicht des Landes in das SGB-VIII-Ausführungsgesetz aufzunehmen und in diesem Zusammenhang eine zentrale Stelle gegen Missbrauch beim Landesjugendamt anzusiedeln,  die  auch  Jugendämtern  und  persönlich  Betroffenen  als  Ansprechpartner  bzw.  Anlaufstelle dient,
16.   bereits  vorhandene  Anlaufstellen,  wie  z. B.  die  Stelle  gegen  Missbrauch  im  Niedersächsischen Kultusministerium, bekannter zu machen und weiterzuentwickeln,
17.   den  Datenaustausch  zu  regeln,  vor  allem,  wenn  es  um  die  Kooperation  von  Kindertageseinrichtungen, Schulen, Gesundheitswesen und Ermittlungsbehörden mit der Jugendhilfe geht,
18.   die Einrichtung kommunaler Präventionsräte zu unterstützen, Niedersächsischer Landtag – 18. WahlperiodeDrucksache 18/56403
19.   für  auslandspädagogische  Einzelmaßnahmen  eine  Meldepflicht  von  Jugendämtern  über  entsandte  Jugendliche  und  der  betreuenden  Auslandseinrichtung  gegenüber  dem  Landesjugendamt  einzuführen,  damit  von  dort  nachhaltige  Fürsorge,  Fachaufsicht  und  Erfüllung  der  Schulpflicht sowie die Kontrolle der Maßnahmen erfolgen kann,
20.   für  die  auslandspädagogischen  Einzelmaßnahmen  eine  regelmäßige  wissenschaftliche  Berichterstattung zu implementieren,
21.   zu  prüfen,  ob  ein  Niedersächsisches  Kinderschutzgesetz,  anlog  zum  Bund,  landesrechtliche  Vorschriften optimieren und bündeln sollte,
22.   sich  auf  der  Bundesebene  erneut  für  die  Aufnahme  von  Kinderschutz  und  Kinderrechten  im  Grundgesetz einzusetzen. Begründung
Der Kinderschutz in Niedersachsen sieht sich einem Knäuel aus unterschiedlichen Zuständigkeiten und Schnittstellen gegenüber. So erschweren z. B. unterschiedliche Auswahlkriterien für Pflegefamilien die passende Zuteilung und effektive Begleitung der Familien. Die Aktivitäten im Bereich der Prävention und Intervention im Kinderschutz sind auf der Grundlage des  zu  entwickelnden  landesweiten  Standards  voranzutreiben.  Kinderschutz  ist  ein  dynamisches  und zu verstetigendes Angebot, damit ein gesundes Aufwachsen für Kinder und Jugendliche durch den Staat gewährleistet ist. Die Aufarbeitung aktueller Fälle von Missbrauch an Kindern wird zusätzlich durch nur unregelmäßigen Austausch unter den Bundesländern erschwert. Die regelmäßige Kommunikation soll dazu beitragen,  dass  Informationen  schneller  und  zielgenauer  ausgetauscht  werden,  um  Kinder  noch  viel  stärker zu schützen.
Diese Punkte wurden nun zu weiteren Beratungen in den Nds. Sozialausschuss überwiesen.
Hannover, im Januar 2020
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Neue Osnabrücker Zeitung, 13.9.2019 (von Klaus Wieschemeyer)
Kommission soll helfen, Kinder besser vor Missbrauch zu schützen
Diskussion über Folgen von Lügde / Havliza: Ein solch katastrophales Versagen staatlicher Institutionen darf es nicht mehr geben
Der Missbrauchsfall im nordrheinwestfälischen Lügde mit mindestens 32 Opfern hat nun auch Folgen in Niedersachsen: Im kommenden Monat startet eine neue Kinderschutzkommission 
im Land. Angedockt an den Landespräventionsrat, soll das Gremium Systemmängel in der staatlichen Jugendhilfe suchen, sagte Justizministerin Barbara Havliza (CDU) gestern im Landtag. Geleitet wird die Kommission vom Familienrechtler und früheren Vorsitzenden Richter am Oldenburger Oberlandesgericht, Gerd Weinreich. Weinreich ist auch Mitglied der „Staufen-Kommission“. Die wurde 2018 von der Landesregierung Baden-Württemberg eingesetzt, um den jahrelangen Kindesmissbrauch in dem Ort Staufen aufzuarbeiten. Erste Ergebnisse sollen Ende 2020 vorliegen.
„Wir schulden den Betroffenen nun jede Hilfe, die sie benötigen. Und wir schulden ihnen, dass aus den Fehlern Lehren gezogen werden. Ein solch katastrophales Versagen staatlicher Institutionen darf es nicht mehr geben“, sagte Havliza. Eine Forderung, die alle fünf Parteien im Landtag eint. Doch wie das erreicht werden kann, darüber gehen die Meinungen weit auseinander. Tatsächlich hatte das Jugendamt Hameln-Pyrmont im Fall Lügde haarsträubende Fehler gemacht, als es dem nun verurteilten Haupttäter trotz Hinweisen auf pädophiles Verhalten die Pflegschaft für ein Mädchen übertrug.
Einig sind sich die Landtagsabgeordneten auch in der Einschätzung, dass Lügde wohl kein Einzelfall ist. Weitere Missbrauchsfälle sprechen ebenso dafür wie die Missstände bei der Unterbringung auffälliger Jugendlicher in einem Sozialprojekt im rumänischen Maramures durch einen niedersächsischen Träger. Einige Abgeordnete hätten da ein Déjàvu,
denn Vorwürfe gegen den Träger waren bereits 2009 Thema im Sozialausschuss, sagte die Grünen-Abgeordnete Meta Janssen-Kucz. Sie forderte, das Thema Missbrauch so aufzuarbeiten wie die Krankenhausmorde von Niels H. in Oldenburg und Delmenhorst. Janssen-Kucz ist für einen Sonderausschuss – und kann sich auch ein finanzielles Engagement des Landes vorstellen. „Kinderschutz nach Kassenlage“der zuständigen Landkreise sei nicht akzeptabel.
Die SPD begrüßt die neue Kommission, der Koalitionspartner CDU fordert zudem einen Landesbeauftragten für Kinderschutz. Der soll auch bei Problemen mit den Jugendämtern helfen und müsste auch mit entsprechenden Kompetenzen ausgestattet sein, erklärte Fraktionschef Dirk Toepffer. Die FDP könnte sich vorstellen, dass ein solcher Beauftragter auch den in vielen Gremien verteilten Jugendschutz koordinieren soll. Zudem fordert der Liberale Björn Försterling von den Jugendämtern,
13. Sept. 19:
Wir freuen uns, dass es in der Nds. Landespolitik in die richtige Richtung geht!
Infos siehe z.B. hier
Gespannt werden wir dranbleiben und schauen, wie die Forderungen umgesetzt werden.
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Am Donnerstag, den 29. August 2019 wird es eine Expertenanhörung im Sozialausschuss des Nieders. Landtags geben,
zum Thema "Lügde darf sich nicht wiederholen", Einsetzung einer Kommission zur Untersuchung der Jugendämter.
Wir sind sehr gespannt auf den Tag und hoffen sehr, dass sich in Sachen Kinderschutz in unserer Politik etwas grundlegend verbessert! Wir wünschen uns, dass Kinderschutz parteiübergreifend und zeitlich unbegrenzt oberste Priorität in unserer Politik bekommt. Natürlich sind wir am 29.8. im Landtag dabei und werden zeitnah berichten.
Wer sich für unsere Eingabe und unseren Vortrag im Ausschuss interessiert, kann sich gern über Email ina.tolksdorf@gmx.de mit uns in Verbindung setzen. Gern schicken wir dies zu.
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Infos über die Aktion vor dem Niedersächsischen Landtag am 15. Mai 2019 siehe hier:
Unterstützt wurden wir u.a. von
Herrn Markus Diegmann (tour41.net)
Herrn Rainer Rettinger (Deutscher-Kinderverein.de)
Frau Silke Hagen-Bleuel (paul-niedersachsen.de)
Unsere Forderungen an die Landesregierung  (siehe unten), die alle Abgeordneten auch schriftlich bekommen haben
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15. Mai 2019
Nicht nur der Missbrauch der Kinder an sich ist es, der uns so betroffen macht, sondern auch die Erkenntnis, dass unsere staatlichen Strukturen offensichtlich diesen Kindern weder Schutz boten (hier vor allem die Entscheidung des Jugendamtes Hameln-Pyrmont, dem Haupttäter ein Kind in Pflege zu geben, obwohl mehrere eindeutige Hinweise auf pädophiles Verhalten dieses Mannes vorlagen) noch für eine zügige und reibungslose Aufklärung der Verbrechen sorgen.
Daher fordern wir:
1.	Die Einsetzung einer unabhängigen Kommission „Kinderschutz“
Diese sollte den „Fall Lügde“ sofort systematisch aufarbeiten, um zu analysieren an welchen Stellen Schwachstellen im Hinblick auf Kinderschutz in den Landkreisen und Kommunen zu finden sind, ganz nach dem Vorbild der Kinderschutzkommission in Baden-Württemberg, die umgehend nach dem „Fall Staufen“ eingesetzt wurde.
2.	Die Einsetzung eines unabhängigen Missbrauchsbeauftragten auf Landesebene in Niedersachsen
Der unabhängige Beauftragte (UBSKM) der Bundesregierung, Herr Johannes-Wilhelm Rörig, spricht ganz dringend die Empfehlung aus, auf Landesebene ein hochrangig angesiedeltes Amt neu einzurichten, das im Wesentlichen dem von der Bundesregierung im Dezember 2018 auf Dauer eingerichteten Amt einer/eines Unabhängigen Beauftragen für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs entspricht. Dies unterstützen wir vollends und fordern die Landesregierung Niedersachsen auf, sich für die Umsetzung dieser Empfehlung einzusetzen.
Wir bitten herzlich darum, „Parteipolitik“ –im Interesse unserer Kinder- in den Hintergrund zu stellen.
Parteipolitische Interessen dürfen beim Thema „Kinderschutz“ keine Rolle spielen."